Bis morgen Montag bin ich noch in Rajasthan zugegen. Am Nachmittag werde ich nach Bangalore (im Sueden) fliegen. Dort werde ich den zweiten -und hoffentlich `erfolgreicheren` Teil meiner Reise in Angriff nehmen.
Weshalb ich es als `erfolgreicher` bezeichne leitet sich von folgenden Merkmalen und Erfahrungen ab. Es ist mir schon etwas komisch zu Mute, wenn ich mich hier offenbare, dass ich mich in diesem Land nicht wohl fuehle. Wenngleich es landschaftlich viel zu bieten hat und gerade hier in Rajasthan grossartige Schaetze der frueheren Herrscher bewahrt werden. Jetzt kommt das Aber. Die Menschen sind extrem anstrengend. Das erfahre ich in Etwa so: Wenn ich auf den staubigen Strassen zwischen Kuehen, Mopeds, Autos, Kamel- und Ochsenkarren meinen Weg durch die Masse bahne bin ich von zig Augenpaaren beobachtet. Ich empfinde es als aeusserst Aufdringlich, zuweilen die Blicke mich buchstaeblich ausziehen -hier sei angemerkt, dass ich mich sehr Indisch kleide (nichts mit Traegershirt oder kurzen Hosen). Nicht nur die Maenner glotzen. Auch die Frauen und die Kinder. Nebst den vorhin aufgezaehlten `Verkehrsteilnehmern` trifft man entlang den Strassen/Gassen auch ganz viele -wahrscheinlich hunderte- Geschaefte und Laeden aller Art an. Jeder buhlt um die Gunst der vorbeigehenden Touristen und macht sich dementsprechend lautstark bemerkbar. Je nach Laune, sage ich mal Hallo meistens jedoch ignoriere ich die Rufe, welche vorwiegend von Geschaeftsmaennern kommen. Das ist fuer mich eine riesige Herausforderung, damit klar zu kommen. Ich habe ueberhaupt keine Lust nach irgendwelchen Sachen zu stoebern z.B. fuer Wohnungsdekoration oder einen schoenen Schal oder… es gibt so unendlich viele Dinge, die man hier kaufen kann/koennte. Wenn ich mich dann mal fuer etwas interessiere, dann muss ich ja extrem aufpassen, dass ich nicht viel zu viel bezahle. Es ist schon mehr als einmal passiert, dass ich im Laden davongelaufen bin, weil der Verkaeufer an seinen Wucherpreisen festhielt, ich kann damit leben wenn ich fuer ein Shirt 50Rupies mehr bezahle als Einheimische, dass ich aber das doppelte Hinlegen sollte, ist fuer mich ein absolutes no go! Was ich mindesten so anstrengend finde und irgendwie noch Heimtueckischer ist, wenn die Servier-Boy`s oder sog. (selbsternannten) Hotelmanager ihre Masche aufziehen. Dann sind ihnen keine Worte des schmeichelns zuviel. Ich unterhalte mich gerne mit diesen Leuten und will erfahren, wie das alltaegliche Leben hinter den Haus -und Hotelmauern laeuft. Diese Gespraeche beginnen oft sehr kollegial und enden letztendlich darin, dass der Gespraechspartner grad knapp bei Kasse ist, in seiner Familie jemand krank ist oder sonstwas. Letztendlich geht es um nichts anderes als das Geld. Wir Europaer (so nenne ich uns weissen Menschen im Kollektiv) sind ja im Gegensatz zu den hiesigen Leuten reich. Dass aber nicht ein jeder ein Millionaer ist, der reist, das koennen die nicht auf die Reihe kriegen. So hat mir zum Beispiel diese Tage jemand gesagt, weshalb ich auf dem Markt Papaya kaufen wuerde, ich sei ja reich und koenne es mir sehr wohl leisten, in einem Restaurant ein ordentliches Essen zu mir zu nehmen. Als ich ihm dann erklaerte, dass ich diese Fruechte einfach ueber alles liebe und ich diese in der Schweiz nicht kaufen koennte (ich kauf` die zu Hause aus prinzip nicht, da sie ueberhaupt nicht schmecken), ging mal sein Kinn runter und ein weilchen spaeter ganz langsam wieder zurueck. In Tat und Wahrheit haben sie keine Ahnung was Europa, geschweige denn Schweiz ausser Uhren, Taschenmesser und Schokolade bedeutet.
Ja, soviel zu meiner `Standortbestimmung` Woche 3. Ich habe ernsthaft in Erwaegung gezogen, dass ich eine Woche freuher nach Hause reisen koennte. Ich gebe mir noch ein paar Tage, bevor ich mich ggf. umentscheide. Habe heute ein englisches Ehepaar getroffen, die haben mir erzaehlt, dass der Sueden von der Mentalitaet her komplett anders sei. Ich hab etwas Mut geschoepft und bin nun guter Dinge, was die kommenden Wochen bringen werden. Schliesslich will ich die Flinte nicht grad ins Korn werfen. Sollte ich mich dennoch nicht wohler fuehlen und keinen Anschluss zu anderen Individualreisenden finde, faellt mir kein Zacken aus der Krone und fliege frueher nach Europa zurueck. Auf jeden Fall werde ich mit ganz vielen Tausend Eindruecken und interessanten Erfahrungen zurueckkehren.
Ich wuensche euch allen einen guten Wochenstart und laesst den Sonntag gut ausklingen. Bis bald, Susan